Freude kommt nicht auf

Dr. Klaus Hänsch MdEP, Präsident des Europäischen Parlaments a.D.
Der Europaabgeordnete Dr. Klaus Hänsch

Freude kommt nicht auf, aber Erleichterung. Die Schrammen und Verletzungen, die der Gipfel am Verfassungsvertrag (und nicht nur an ihm) hinterläßt, sind unübersehbar, aber die Rettung ist geglückt. Jetzt gibt es nur noch eines: Bringen wir es hinter uns!
Wichtige Neuerungen des Verfassungsvertrages sind erhalten geblieben: Mehr Mitentscheidungsrechte für das Europäische Parlament und die Möglichkeit von Bürgerbegehren, mehr Mehrheitsentscheidungen im Rat, gewählter Präsident des Europäischen Rates, ein effizienterer Entscheidungsmechanismus für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und für den solidarischen Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Daß die Verbindlichkeit der Grunderechtecharta künftig für Großbritannien eingeschränkt ist, müssen die Briten mit sich selber ausmachen. Daß das Wettbewerbsziel nicht mehr alle anderen Ziele der Union als Dogma überragt, sondern eingebettet wird, ist der Schutzfunktion einer politischen Union angemessen.
Viele der Zeichen und Bezeichnungen, die die Union für die Bürger sichtbarer und verständlicher gemacht hätten, sind bei der Rettungsaktion verloren gegangen. Durch die neue Form als "Änderungsvertrag" ist vor allem die vom Verfassungsvertrag angestrebte Transparenz verloren gegangen. Da bleibt jetzt nur noch "Augen zu und durch".
Polen hat in der Auseinandersetzung um das Prinzip der doppelten Mehrheit einen zehnjährigen Aufschub erreicht. Die Folgen der polnischen Argumentation und des polnischen Verhaltens sind noch nicht absehbar. Auch Pyrrhus hat sich für den Sieger gehalten.